Baumgruppe in der Muldenaue
Richard Püttner
1874
Öl auf Pappe
H 29 cm x B 34,5 cm
Inv.-Nr. V1435K
Am Neujahrstag 1842 wird Richard Püttner in Schmölen bei Wurzen geboren. Die Eltern Christian Heinrich Püttner, ein Kaufmannssohn und Henriette Petzold aus Borsdorf hatten sechs Kinder – drei Söhne und drei Töchter. Als der Vater eine Stellung als Oberbahnwärter in Wurzen erhielt, siedelte die Familie in das neue Bahnhofsgebäude über. Gegen den Willen des Vaters zeigte der Sohn schon in jungen Jahren eine Freude am Zeichnen und Malen. Seine Werkzeuge stellte er dazu selbst her. Ohne Anleitung eines Lehrers entwickelte sich sein Talent weiter.
Mit Unterstützung der Mutter begann Püttner eine Ausbildung zum Lithographen in der Werkstatt Meißner & Buch in Leipzig. Nun besuchte er auch eine Zeichenschule. Jeden Sonntag lief er nach Wurzen, um seine Familie zu besuchen. Auf seinen Wanderungen fertigte er zahlreiche Skizzen der umliegenden Landschaften an. Unzählige Male zeichnete und malte er die Kirchen, den Dom und andere architektonisch besondere Ecken seiner Heimatstadt.
Der Tod des Vaters 1858 stellte einen ersten schwierigen Einschnitt in seinem Leben dar. Nun erhielt er keine Unterstützung mehr, sondern versuchte seiner Mutter und die kleineren Geschwister so gut es ging finanziell unter die Arme zu greifen. Püttner lebte weiterhin in Leipzig und schloss Freundschaft mit anderen Künstlern, wie Hermann Krabbes (1840 – 1920, später Professor an der Kunstschule Karlsruhe), Karl Römer (*1842, Maler und Lithograph in Leipzig) und wurde eingeführt in das Atelier von Anton von Weber (1838 – 1909). 1963 begegnete er einer Freundin seiner Schwester Anna – Clara Arnold war die Tochter des Dresdner Künstlers und Professors Gotthold Arnold (1785 – 1854). Sie lebte zu dieser Zeit als Erzieherin auf Schloss Bärenstein. Richard Püttner besuchte sie zwei Sommer lang immer wieder, wobei auch zahlreiche Zeichnungen des Schlosses entstanden. Nach der Verlobung 1864 folgte erst 1869 die Eheschließung. Das Paar lässt sich in Leipzig nieder. Nur kurz danach verstirbt Richard Püttners Mutter. Er kehrt zur Beerdigung nach Wurzen zurück. Seine Geschwister sind inzwischen größtenteils fortgezogen. Nur die Schwester Helene lebte, inzwischen verheiratet mit dem Fotografen Wilhelm Kirst, noch in Wurzen. 1871 wurde der erste Sohn Walter geboren, 1877 Richard. 1872 siedelte die Familie nach München um, wo sie bis zu Richard Püttners Tod am 1. November 1913 blieben.
Neben seinen zahlreichen Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen wurde Richard Püttner ein gesuchter Illustrator. Er erhielt Aufträge von großen Verlagen und zeichnete für auflagenstarke Zeitschriften, wie die Leipziger „Illustrierte Zeitung“, „Die Gartenlaube“ und „Daheim“. Es werden unzählige seiner Landschafts- und Architekturzeichnungen abgedruckt. Höhepunkt ist dabei sicherlich der Auftrag zur Illustration der Prachtbände des Stuttgarter Verlags Adolph Kröner (Nachfolger von Ernst Keil). Für die Bände „Rheinfahrt“ (1875) und „Unser Vaterland“ (o.J.) ist Püttner im ganzen Land bis nach Tirol unterwegs. Charakteristisch für seine Bilder ist eine eindrückliche Stille. Objekte wie Figuren oder Bäume befinden sich meistens im Vordergrund. Sie stehen sinnbildlich für Vergangenheit und Andacht. Durch die Hingabe zur Natur, den symmetrischen Bildaufbau und die Hell-Dunkel-Effekte erinnern sie an große Namen wie Caspar David Friedrich oder Ludwig Richter. Auch seine späteren Werke mit Landschaftsdarstellungen, Ansichten von Burgen, Schlössern, Ruinen, Friedhöfen und beschaulichen Tälern oder Bergen sind im Zeitgeist der Romantik gemalt. Typisch für diese Zeit, und so hielt es auch Püttner, war, dass die Künstler nicht mehr nur in ihren Ateliers malten, sondern nach draußen in die Landschaften reisten, um so naturnah wie möglich die Dinge, aber auch die Stimmungen, das Licht und das Gefühl der Natur darzustellen.
Bereits 1926, in der Gründungsphase des Museums, konnte die Stadt einen ersten großen Ankauf tätigen: 113 Originale aus dem künstlerischen Nachlass von Richard Püttner. Veräußert durch seinen Sohn Walter Püttner. Alle Motive hatten einen Bezug zur Stadt und der näheren Umgebung. Durch weitere Ankäufe, wie die Sammlung von Wilhelm Kirst, ergänzt, besitzt das Museum Wurzen inzwischen den größten Teil des Nachlasses von Richard Püttner.
Zu diesem ersten Konvolut gehört auch das gezeigte Gemälde. Die Darstellung der Muldenaue zeigt eine kleine Baumgruppe mit hohen Bäumen und niedrigerem Buschwerk. Darüber zieht ein herbstlich grauer Wolkenhimmel. Die Bäume sind leicht geneigt und die Blätter alle in eine Richtung gedrückt, sodass man den Wind förmlich hören und spüren kann. Im Hintergrund links ist ein Gebäude zu sehen. Wie die meisten von Püttners Werken, ist das Gemälde nicht signiert und nicht datiert. Es trägt auf der Rückseite den Nachlassstempel von Walter Püttner.
Literatur:
A. Wilhelm, Richard Püttner, Aquarelle, Zeichnungen, Gemälde, hrsg. vom Kulturhistorischen Museum Wurzen, Wurzen 1937
C. Püttner, Richard Püttner, in: Mitteilungen des Wurzener Geschichts- und Altertumsvereins III. Band 1. Heft, Wurzen 1918, S. 81-86
W. Püttner, Zu den Bildern und Zeichnungen Richard Püttners im Wurzener Heimatmuseum, in: Mitteilungen des Wurzener Geschichts- und Altertumsvereins III. Band 2. Heft 1. Teil, Wurzen 1926, S. 3-6