Datierung: 1780-1820
Material: Nadelholz, Buchenholz und Kirschholzfurnier, Messing, Glas
Maße: 99cm * 116cm * 44cm
Inv.Nr: V5E
Den Namen Benjamin Franklin kennt man eigentlich eher im Zusammenhang mit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber der berühmte Physiker und Staatsmann war auch der Erfinder der Glasharmonika, ein Instrument der Klasse der Reibe-Idiophone. 1761 entwickelte er die bereits existierende Technik wassergefüllten Gläsern durch Reibung Töne zu entlocken, dahingehend weiter, dass er halbrunde Glasschalen auf einer Welle mithilfe von Korkstopfen anbrachte und diese durch einen Fußantrieb in Rotation versetzte. Mit angefeuchteten Fingern kann der Musikus dann die Schalen zum Klingen bringen.
Mithilfe von Verwandten und berühmten Musikern und Physikern verbreitete Franklin seine Erfindung in ganz Europa. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Glasharmonikas insbesondere im deutschsprachigen Raum weiterentwickelt. Beispielsweise verbesserte der Prager Anton Renner die Antriebsmechanik, um das Instrument unabhängig vom Takt der Fußbewegung zu machen oder Joseph Schmittbauer, badischer Hofkapellmeister, erweiterte den Tonumfang. In der Regel sind die Hersteller der Glasharmonika unbekannt. Die Glasglocken stammten häufig aus Böhmen, wo die Glasbläsereien diese produzierten. Das Gehäuse fertigte ein Instrumentenbauer oder auch ein einfacher Tischler an.
Bereits in den 1790er Jahren hielt die Glasharmonika Einzug in den Konzertsälen Europas. Große Namen der Musikgeschichte komponierten Stücke eigens für dieses besondere Instrument. Nach einem besonders virtuosen Konzert, war es Mozart, der ein Quintett für Harmonika, Oboe, Viola und Cello arrangierte. Die Musikstücke haben eine eher getragene, melancholische Melodie und der Klang des Instruments wurde als schwermütig und sphärisch beschrieben.
Im Verlauf der 1820 verdrängen robustere Instrumente, mit ähnlichen Klangmöglichkeiten die Glasharmonikas und sie geraten in Vergessenheit. Erst Richard Strauss und später zeitgenössische Komponisten entdecken das besondere Instrument für ihre Musikstücke wieder.
Das Instrument des Museums Wurzen war für den Hausgebrauch hergestellt worden, dies erkennt man an der ungestalteten Rückseite. Mit seinem typisch klassizistischen Korpus passt es in die eher frühe Herstellungsperiode zwischen 1790 und 1820. Die halbrunde Klappe erinnert an ein Zylinderbureau und lässt sich vollständig nach hinten in das Gehäuse klappen. Die schmalen Gestaltungselemente aus Messing und der glänzende Holzlack verleihen dem Objekt eine raumgestaltende Wirkung. Nicht mehr vorhanden sind der Fußantrieb und das Schloss.