Barbara Henniger
(Dresden 1938)
Plakat zum
Internationalen
Frauentag
Herausgeber: Verlag für Agitations- und
Anschauungsmittel,
im Auftrag des Bundesvorstandes des DFD
Ost-Berlin, 1986
Papier / Farbdruck
72 x 85 cm
Inv.-Nr.: VI783S
Unter der Überschrift „Internationaler Frauentag“ reichen sich Frauen aus aller Welt fröhlich die Hände und bilden so ein schützendes Dach für all ihre Kinder. Ein farbenfrohes Plakat, das ausschließlich lächelnde Gesichter zeigt. Dadurch symbolisiert das Plakat die „Völkerfreundschaft“ und Frieden. Diese Begriffe waren in der DDR Ziel staatsbürgerlicher Erziehung und sogar in der Präambel der DDR-Verfassung vom 6. April 1968 verankert. Der Zeichnerin Barbara Henniger, eine der bekanntesten ostdeutschen Karikaturistinnen und Stammzeichnerin des Satiremagazins „Eulenspiegel“, gelingt es mit ihrem Comic-Stil den genannten politischen Idealen Leichtigkeit und Frische zu verleihen.
Die Völkerfreundschaft war ein fester Bestandteil des sozialistischen Gesellschaftsideals. Ein weiteres Kernanliegen der DDR-Ideologie war die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die seit Gründung der DDR ebenfalls in der Verfassung verankert war. Und tatsächlich waren in den 80er Jahren, als dieses Plakat entstand, mehr als 90 Prozent der Frauen in der DDR berufstätig – zum Vergleich waren es in der BRD zum selben Zeitpunkt knapp zwei Drittel. Unter diesen Rahmenbedingungen war für die SED Gleichberechtigung vollendet, obwohl sie im Alltag nur partiell gelebt wurde: So verdienten Frauen oft weniger als Männer und waren durch Beruf, Haushalt und Kindererziehung mehrfach belastet. Außerdem war diese partielle Gleichberechtigung kein „Geschenk“ der SED an die Frauen, sondern ökonomisches Kalkül: Ihr Ziel war es, durch die Erhöhung der Arbeitnehmer*innenzahl, die Mangelwirtschaft in der DDR auszugleichen. Daraus resultierende Geschlechterkonflikte wurden allerdings kaschiert, Fragen verdrängt.
Dennoch brachte die Politik der DDR für Frauen neue individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, u.a. im Beruf. Und durch ihre wichtige Stellung in der Gesellschaft entwickelten viele Frauen in der DDR ein starkes Selbstbewusstsein. Das zeigte sich auch an den ca. 100 informellen Frauengruppen, die sich in den 80er Jahren bildeten. Diese privaten Gruppen trafen sich oft unter dem Schutzschirm der Kirchen oder in geschlossenen Veranstaltungen. Neben gesellschaftlichen Fragen zur Gleichberechtigung engagierten sich die Frauen auch in vielen anderen Politikfeldern. So formierte sich mitten im Kalten Krieg in vielen größeren Städten 1982 zum Beispiel die Bewegung „Frauen für den Frieden“. Deren Protest richtete sich gegen das neue Wehrpflichtgesetz, das im Ernstfall auch Frauen einziehen sollte. In diesem Kontext kritisierte diese Bewegung auch den Militarismus im Unterricht und Kindergarten und die Logik des Hochrüstens unter dem Vorwand der Friedenssicherung. Diese Frauengruppen sprachen somit direkt die internen Widersprüche der späten DDR an und bildeten dazu auch überregionale Netzwerke. Durch diese Vernetzung lieferten Frauen wiederum einen wichtigen Beitrag zur Entstehung einer breiteren Oppositionsbewegung in der DDR, in der Frauen und Männer gemeinsam Reformen forderten.
Literatur:
Rosemarie Nave-Herz, Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland. Hrsg.: BpB Niedersachen, Hannover 1997.
MDR, Frauen in der DDR: https://www.mdr.de/geschichte/ddr/alltag/familie/frauen-184.html, Stand: 14.12.2020, zuletzt abgerufen: 07.03.2025.