Die feierliche Eröffnung der Ausstellung "StadtAnsichten" findet am 8. Juli um 15 Uhr im Ringelnatz-Geburtshaus (Crostigall 14, 04808 Wurzen) statt. Der Veranstaltungsort bietet neben der geschichtsträchtigen Räumlichkeit zudem eine wunderschöne Sicht auf die Stadt Wurzen und eignet sich daher besonders für diesen Anlass.
Die Ausstellung "StadtAnsichten" wird anschließend bis zum 16. September in der Städtischen Galerie "Am Markt" präsentiert.
Städte sind in den meisten Fällen – so auch die Stadt Wurzen – gewachsene räumliche Gebilde. Seit jeher sind sie Schauplatz und Resultat von ebenso komplexem wie umkämpftem Wandel. Denn jede gesellschaftliche Entwicklung hinterlässt ihre Spuren im urbanen Organismus. Als Projektionsfläche vielfältiger Wirklichkeitsdeutungen und Visionen stiften Städte Identität. Als kommunikative Konstruktion bilden sie den Kern der Stadtkultur und stehen im Bezug zu ihren Bewohnern. Im Gesamtbild des oft willkürlich und zufällig wirkenden Lebensraums manifestieren sich Abfolgen von Veränderungen gegenwärtiger und zukünftiger Trends in Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft. Um sich zu orientieren, um heimisch zu werden, bedarf es der Eingewöhnung. Das braucht Zeit.
Bezogen auf die Stadt Wurzen, die auf eine über 1050-jährige sehr wechselvolle Geschichte zurückblicken kann, geht die Präsentation exemplarisch der Herausbildung und Entwicklung ihrer Stadtbilder, ihres Images nach.
Ins visuelle Blickfeld rückt die Stadt, die sich im Mittelalter unter der Herrschaft der Bischöfe von Meißen aus der planvollen Erweiterung eines bestehenden Marktes entwickelt, zuerst in historischen Karten der Frühen Neuzeit. Als kostbare Wissensspeicher dienen diese der Repräsentation herrschaftlicher Territorien und der Darstellung spezifischer Raumvorstellungen. Sie dokumentieren die herausgehobene Stellung der Stifts- und Bischofsstadt im Territorium als Zentrum geistlicher Macht. Erste Stadtansichten von Wurzen datieren erst ins 17. Jahrhundert. Ein überregional wahrgenommener und zügiger Gestaltwandel setzt mit der Industrialisierung und Urbanisierung im 19. Jahrhundert ein. In nur wenigen Jahrzehnten entwickelt sich aus dem beschaulichen Ackerbürgerstädtchen eine pulsierende Industriestadt, ablesbar an neuen Wirtschafts-, Wohn-, Verwaltungs- und Versorgungsstrukturen. Die zunehmende Vielfältigkeit und bürgerliche Repräsentanz auf zahlreichen Gebieten, die von kreativen und erfinderischen Köpfen getragen wird, bahnt sich in neuen Medien wie der Farblithographie, der Fotografie und den fotografischen Reproduktionsverfahren ihren Weg.
Auf dem ersten Höhepunkt der industriellen Entwicklung, die vor allem im Umland durch den Bau von Eisenbahnlinien, Brücken, Kanälen, Fabriken und Rohstoffabbau mit tiefgreifenden Veränderungen der gewachsenen Kulturlandschaft einher geht, gelangen Ansichtskarten massenhaft in Umlauf. Diese werben für den boomenden Standort mit touristischen Attraktionen wie dem Spitzberg in der Hohburger Schweiz, den Wassersportmöglichkeiten auf der Mulde, dem 1879 begründeten Stadtpark, dem Bismarckturm auf dem Wachtelberg, aber auch mit repräsentativen Villenbauten, dem städtischen Krankenhaus oder Ansichten der Stadt als Schul- und Garnisonsstadt.
Die weitere Entwicklung der Mittelstadt Wurzen hat infolge von Wirtschaftskrisen, Weltkriegen und Diktaturen starke Umbrüche durchlaufen, hat zu Identitätskrisen geführt. Die Vielfalt dieser Stadt, die je nach Kontext als Muldestadt, ehemalige Bischofs- und Residenzstadt, Industrie- und Arbeiterstadt und überregional vor allem als Ringelnatzstadt beworben wird, ist zukunftsstiftendes Potential. Die Ausstellung will dazu anregen, darüber ins Gespräch zu kommen, sich zu fragen: Was machen die Stadt und ihr Bild aus? Wofür will sie bekannt sein? Welchen Ruf hat sie bei ihren Bewohnern, ihren Besuchern?
Vernissage
8. Juli 2023 · 15 Uhr
Ringelnatz-Geburtshaus
Crostigall 14
04808 Wurzen
Eintritt | frei |