Joachim Ringelnatz
Mappenwerk Janmaate – Topplastige Lieder
Berlin 1922
Text Verlag Otto von Holten für Galerie Flechtheim
Feder- und Kreidelithografie von Rudolf Großmann bei H. Birkholz, signiert
Radierungen von Max Pretzfelder bei A. Ruckenbrod, koloriert und signiert
H 40 cm x B 31 cm
Hardcover, Büttenpapier, Goldschnitt
Inv. Nr. VIII163A
Die Erstausgabe wird als 19. Druck beim Verlag der Berliner Galerie von Alfred Flechtheim (Münster/Westfalen 1.4.1878 – London 9.3.1937) in 50 Exemplaren gedruckt. Das Kulturhistorische Museum besitzt davon die Nummer 13. Flechtheims kunstliebende Klientel investiert während der Inflation der Weimarer Republik in ‚Sachwerte‘ wie diese aufwendige, kostbar in violetter Rohseide gebundene und auf Büttenpapier gedruckte Grafikmappe mit Ringelnatzgedichten und neun unterschiedlich großen Illustrationen. Eine signierte Lithografie mit einem Bildnis von Max Pretzfelder im Profil mit geschlossenen Augen und zum Beten gefalteten Händen des Malers und Grafikers Rudolf Großmann (Freiburg i. Breisgau 25.1.1882 – ebenda 28.11.1941) ist als Frontispiz vorangestellt, während acht Kaltnadelillustrationen mit Seemanns- und Matrosenmotiven des Grafikers, Malers und Kostümbildners Max Pretzfelder (Nürnberg 7.3.1888 – Los Angeles 9.6.1950) sechs Kuttel Daddeldu-Gedichten beigegeben sind.
Fünf davon sind 1920 (Kuttel Daddeldu: Vom Seemann Kuttel Daddeldu; Daddeldus Lied an die feste Braut; Seemannstreue) und 1921 (Die gebatikte Schnupftabakdose: Seemannsgedanken übers Ersaufen, Kuttel Daddeldu und Fürst Wittgenstein) veröffentlicht worden, Matrosengesang wird darüber hinaus in der erweiterten Kuttel Daddeldu Ausgabe von 1923 einem breiteren Publikum bekannt gemacht.








Auch die Radierungen von Pretzfelder bedienen gängige Klischees vom ausschweifenden Leben der Matrosen und Seeleute auf Landgang, die scherzhaft Janmaate genannt wurden: Es gibt Hafenszenen, Matrosen auf Dampfschiffen und Booten, Rotlichtszenen mit Matrosen und Prostituierten, eine Hafenkneipen- und eine Parkszene mit subtiler Anspielung auf homoerotische Liebe. Pretzfelder transportiert damit das Bild von starken, geselligen, freien und vor allem erotischen Janmaates. Interessanterweise gibt es ein vergleichsweise unbekanntes Ringelnatzbildnis von Eduard Bischoff, was diesem Image entspricht.
Die Verschmelzung der als Karikatur verbreiteten Kunstfigur Kuttel Daddeldu mit Ringelnatz aber setzt sich in der Breite durch und wird durch Künstler wie Karl Arnold gefördert, der mit Ringelnatz befreundet war und in die 1923 von Kurt Wolff verlegte Neuausgabe von Kuttel Daddeldu auf der Grundlage von Porträtfotos des damals bereits bekannten Kabarettisten, Dichters und aufgehenden Malers die charakteristischen Züge des Künstlers einarbeitet.
Literatur:
In Memoriam Joachim Ringelnatz. Eine Bibliographie, eingefügt bibliographische Notizen, unveröffentlichte Gedichte und Erinnerungen der Freunde, Privatdruck Leipzig 1937, S. 75f., Nr. 16.
A. Sennewald, Deutsche Buchillustratoren im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, Wiesbaden 1999, S. 67.
Auf den zweiten Blick. Ringelnatz in Privathand, hrsg. von S. Jung, Stadt Wurzen, KulturBetrieb, Kulturhistorisches Museum, Beucha – Markkleeberg 2016, S. 26f.
Ringelnatz und die Männer. Interessante Männerpersönlichkeiten im Leben von Joachim Ringelnatz, hrsg. von S. Jung, Stadt Wurzen, KulturBetrieb, Kulturhistorisches Museum, Leipzig 2019, S. 45f.